Reiseerinnerungen: Wenn eine große deutsche Fluggesellschaft den Reformationstag ganz zufällig „fliegerisch“ begeht…

Die Durststrecke für Flugbegeisterte wie mich ist derzeit lang – richtig lang.

Keine quirlige Flughafenatmosphäre, kein Klackern der „Fallblattanzeige“ (was für ein Wort!) in Frankfurt, kein windiger Start mit einer Propellermaschine in Innsbruck. Auf dass es bald wieder zurückkommt… Bis dahin ist KulturSuedtirol.com auch virtuell unterwegs. Herzlich willkommen zur neuen, gleichnamigen Rubrik!

Wer mich zu dieser Begeisterung rund ums Fliegen gebracht hat? Ausgerechnet der Flughafenpfarrer am Flughafen München im fernen Jahr 2005… Menschlich wie fachliche eine mehr als beeindruckende Persönlichkeit an einem ebenso beeindruckenden Ort. Ein Praktikum während meines Studiums ermöglichte mir bewegende Einblicke, die es sonst nur höchst selten gibt.

Abgesehen von den eigentlichen, durchaus fordernden Inhalten des damaligen Praktikums kann ich – sozusagen als Nebeneffekt – seit dieser Zeit treffsicher alle möglichen Flugzeugtypen identifizieren, kenne mich – zumindest theoretisch – mit Triebwerken und den Tücken der Brauchwasserentsorgung aus und weiss, wie es in einem Frachtraum eines Langstreckenfliegers aussieht. Auch die ein oder andere Finesse der Gepäcksortieranlage und anderer abgelegener Einrichtungen am Münchner Flughafen durfte ich kennenlernen – den unglaublich aufgeschlossenen MitarbeiterInnen sei Dank. 

Randnotiz: „Leidtragende“ dieses Wissens ist heute meine Frau, bei gemeinsamen Flügen und etwas Wartezeit vor dem Abflug: „War das jetzt eine 737-700 oder doch die längere -800?“. Auch gerne genommen: „Oh, die ‚Marburg‘ – mit der gings 2010 nach Kazan!“. Und dass zuviel Expertenwissen bei Laien manchmal auch verunsicherte Blicke auslösen kann, geschenkt: „Ah, die D-AIPY, einer der ältesten Flieger der Lufthansa, fast 30 Jahre im Dienst!“

Damit also ein Blick zurück ins (digitale) Fotoalbum: Denn dort findet sich ein unspektakulärer Flug, bei dem aber ein wirklich schöner Zufall gelungen ist – passend zum Reformationstag am 31. Oktober:

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von flightradar24.com

So führte der Lufthansa-Cityline-Flug am Reformationstag 2019 von Kopenhagen nach München mit einem A319 exakt über Luthers Geburts- und Sterbeort Eisleben. Der Taufname der Maschine: Ausgerechnet „Lutherstadt Wittenberg“.

Ein Volltreffer für die FlugplanerInnen, würde ich sagen! Auch wenn ich einschränkend anmerken muss, dass das vermutlich außer mir niemand im Flugzeug gemerkt hat. Aber so ist das eben mit den Hobbies…

Ich wünsche mit diesem Beitrag jedenfalls allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Flughäfen und bei Fluggesellschaften, dass sie bald wieder starten können.

Wo Politik gemacht wird: Dreharbeiten im Rathaus von Sterzing

Ein stattliches Gebäude mit gleich zwei doppelgeschossigen Erkern. Darunter ein ungewöhnlicher Kopf, in den hellen Stein gehauen. Die Rede ist vom Sterzinger Rathaus. Seit mehr als 500 Jahren ist es Sitz der städtischen Politik und Verwaltung. Eine fast unglaubliche Geschichte. Und wir mittendrin. 

Eine kluge Investition

Wir, das sind Benjamin Zwack und ich und zugleich die Drehbuchautoren, Kameramann Willi Rainer von Sora Film Brixen und Walter Sottsass sowie der Historiker Dieter Thaler, der uns in einem Interview einiges über das Rathaus von Sterzing erzählt. Im Jahr 1468 kauften der Bürgermeister und der Rat der Stadt Sterzing von Hans Ris, dem Vormund der Gerberischen Kinder, ein Stadthaus und einen Stadel. An dieser Stelle ließen sie ein neues Rathaus bauen. Eine kluge Investition. Denn – schon seit nun mehr als 500 Jahren tut das Gebäude seinen Dienst. 

Der historische Ratssaal

Besonderes Augenmerk verdient der mit Holz getäfelte Ratssaal im ersten Stock. Durch die alten Butzenscheiben fällt nur wenig Licht. In einer Ecke steht ein großer Kachelofen. Was für eine Atmosphäre! Noch heute versammelt sich hier der Gemeinderat von Sterzing zu seinen Sitzungen. 

Dreharbeiten im historischen Ratssaal mit dem Historiker Dieter Thaler

Ein Lichthof in der Mitte des Gebäudes

Die verschiedenen Räume und Büros des Gebäudes sind um einen zweigeschossigen Lichthof gruppiert. Hier im Lichthof befinden sich Kunstwerke, die mit der Geschichte der Stadt aufs engste verbunden sind. Unter all den Bildern kommen uns zwei Gesichter bekannt vor: Erzherzogin Maria Theresia und ihr Mann Franz Stephan von Lothringen, das spätere Kaiserpaar. 1739 machten die beiden auf ihrer Reise in die Toskana in Sterzing Halt. 

Dreharbeiten im Lichthof des Rathauses

Ja, wie viele Geschichten könnte dieses Gebäude wohl erzählen? Nicht nur von historischen Persönlichkeiten, die im Laufe der Jahrhunderte hier zu Gast waren, sondern auch von Menschen wie du und ich. Von Menschen, die sich hier Unterstützung in ihren Anliegen erhofften oder ganz besonders glückliche Momente in diesen Mauern erlebten. 

„Historische Rathäuser in Südtirol“ für Rai Südtirol

Mich hat das Rathaus begeistert. Und ich freue mich schon jetzt auf die TV-Dokumentation „Historische Rathäuser in Südtirol“. Bald zu sehen auf Rai Südtirol. 

Der Eckerker des Rathauses ist mit Wappen geschmückt.

Abbildungsnachweis: Alle Fotos stammen von Johanna Bampi und Benjamin Zwack.


Neugierig auf weitere Themen aus und über Südtirol? Gerne! KulturSuedtirol.com hält eine Fülle aktueller Beiträge bereit. Kennst Du beispielsweise schon diese Berichte?

Franz Kafka: Ein Beamter besucht Meran

Buchstäblich am Wegesrand, und zwar am unteren Teil der Passerpromenade in Meran, stehen mehrere Büsten und plastische Kunstwerke. Sie erinnern an Menschen, die für die Geschichte und Entwicklung der Stadt Meran wichtig waren. Eine Büste trägt den Titel „Hommage an Franz Kafka“. 

Franz Kafka, ein unbekannter Versicherungsbeamter

An der Fassade der Ottoburg in Untermais, einem Privathaus in der Maiastraße, erinnert heute eine Marmortafel an den Aufenthalt von Franz Kafka in Meran. Als er im April 1920 am Bahnhof von Meran aus dem Zug stieg, war er einer von vielen. Ein lungenkranker Versicherungsbeamter aus Prag, deutscher Muttersprache, der sich hier Linderung seiner Beschwerden erhoffte. An eine Heilung war damals nicht zu denken. 

Vom Hotel Emma in die Pension Ottoburg

Der Weg vom Bahnhof ins Hotel Emma in der Europaallee, einer der ersten Adressen in der Stadt, war nicht weit. Umso anstrengender muss die Reise von Prag nach Meran gewesen sein, die im Jahr 1920 bereits über mehrere Staatsgrenzen führte. Nach wenigen Tagen im Hotel zog Kafka in die Pension Ottoburg um, wo er fast drei Monate bleiben sollte. Im ehemaligen Hotel Emma ist heute die Fachoberschule für Tourismus und Biotechnologie „Marie Curie“ untergebracht.

Meran im Herbst: das Kurhaus

Kafka schreibt an Milena und an seine Schwester Ottla

Bereits von Meran aus schrieb Kafka zahlreiche seiner heute so bekannten Briefe an Milena Jesenská (1896–1944), in die auch Schilderungen seines Alltags in Meran einflossen. Auch seine jüngste Schwester Ottla (1892–1943) nahm durch einen regen Briefverkehr an seinem Leben intensiv teil. 

Franz Kafka an der Passerpromenade

Urs Lüthi schuf im Jahr 2015 die Bronzebüste an der Passerpromenade in der Höhe der evangelischen Christuskirche. Der Kopf mit seiner Glatze und den runden, konvex hervortretenden Augenhöhlen will dezidiert keine Porträtbüste Franz Kafkas sein, sondern ähnelt ganz bewusst dem Künstler selbst. Lüthi stellt in seinem Werk komplexe und vieldeutige Verweise zwischen seiner Identität, die er Kafka überstreift, her und spielt dadurch zugleich auf eines der berühmtesten Werke des Schriftstellers an: auf die Erzählung „Die Verwandlung“ und dessen Hauptfigur Gregor Samsa, die sich in ein Ungeziefer verwandelt. 

Hommage an Franz Kafka, von Urs Lüthi, 2015

Meran feiert das Kafka-Jahr

100 Jahre sind seit dem Kuraufenthalt Franz Kafkas in Meran vergangen. Meran feiert dieses Jubiläum mit einem Kafka-Jahr und verschiedenen Veranstaltungen wie Ausstellungen im Touriseum Schloss Trauttmansdorff und im Palais Mamming Museum, mit Stadtspaziergängen auf den Spuren des inzwischen weltberühmten Autors, mit Filmvorführungen, einer Tagung und vielem mehr. 


Zum Weiterlesen

  • Das Kafka Jahr 2020 in Meran: Informationen zu Franz Kafka und zu seinem Aufenthalt in Meran sowie das Programm aller Veranstaltungen findest Du auf der Website: kafka2020meran.it
  • „MenschenBilder“, ein Kunstprojekt an der Passerpromenade: Informationen zum Werk von Urs Lüthi (sowie zu allen anderen Kunstwerken) sowie zum Kunstprojekt „MenschenBilder“, das nach einer Idee von Arnold Mario Dall’Ò von Kunst Meran im Auftrag der Gemeinde Meran umgesetzt wurde, findest Du auf der Website von Kunst Meran: kunstmeranoarte.org

Abbildungsnachweis: Alle Fotos stammen von Johanna Bampi. Die historische Ansichtskarte aus dem Jahr 1911 befindet sich in Privatbesitz.


Neugierig auf weitere Themen aus und über Südtirol? Gerne! KulturSuedtirol.com hält eine Fülle aktueller Beiträge bereit. Kennst Du beispielsweise schon diese Berichte?

Gossensaß und sein berühmter Gletscherblick

Wer schnell über die Brennerautobahn in den Süden will, erhascht nur einen Moment davon. Die Rede ist vom so genannten „Gletscherblick von Gossensaß“. Vom Viadukt über Gossensaß öffnet sich der Blick ins Pflerschtal und die Stubaier Gletscher. 

Wie eigens komponiert: der Gletscherblick von Gossensaß

Wie so viele bin auch ich unzählige Male daran vorbeigefahren. Doch ein Halt in Gossensaß lohnt sich allemal. Mehrere schmale Wege und Treppen führen hinauf zum Hügel, auf dem die Pfarrkirche und die Barbarakapelle stehen. Zugleich ein leicht erreichbarer Aussichtspunkt. 

Wie für ein Gemälde eigens komponiert wirkt die Landschaft und führt weit hinein ins Pferschtal, gibt den Blick auf einzelne Gehöfte und kleine Dörfer frei. Bewaldete Hänge führen nach oben und gipfeln in stattlichen, teilweise vergletscherten Zwei- und Dreitausendern. 

Von der erhöht liegenden Pfarrkirche aus bietet sich ein großartiger Blick auf die umliegende Landschaft.

Die Bergknappen und ihre silbernen Nägel

Die erste Bergbautätigkeit in Gossensaß und im Pflerschtal lässt sich schon im 13. Jahrhundert nachweisen. Im Laufe der Jahrhunderte nahmen die Erträge zu und brachten Wohlstand und Reichtum. Die Bergknappen, so will es die Überlieferung, hätten ob ihres Reichtums sogar silberne Nägel an den Schuhen getragen. Mit dem Niedergang des Bergbaus ging jedoch auch die erste Glanzzeit von Gossensaß ab 1550 zu Ende.  

Der Kurort Gossensass auf einer Ansichtskarte aus dem frühen 20. Jahrhundert: ganz links die Pfarrkirche mit der Barbarakapelle, ganz rechts das Grandhotel Gröbner

„Mit dem Blick auf die Gletscher“ 

Dreihundert Jahre später versprach die Eröffnung der Brennerbahn im Jahr 1867 einen neuen Aufschwung. „Mit dem Blick auf die Gletscher müssen Sie ein Hotel bauen“, soll Ing. Carl Etzel (1812–1865), der Erbauer der Brennerbahn, zu Margarete Kadner-Gröbner gesagt haben. Im Tourismus sah Etzel die Zukunft des kleinen Dorfgasthauses, ja, die Zukunft von Gossensaß. Und er sollte Recht behalten. 

Der Kurort Gossensaß zog im 19. Jahrhundert zahlreiche Gäste an. Seine nahe Lage zum Hochgebirge faszinierte die Gäste, die den Ort dank seines Bahnhofes an der Brennerlinie einfach mit dem Zug erreichen konnten. 

So erinnert noch heute eine Bronzebüste von Friedrich Beer (1846–1912) aus dem Jahr 1892 an den deutschen Dichter Oskar von Redwitz (1823–1891), der jahrelang eine Villa in Meran bewohnte und hier gerne seine Sommerfrische verbrachte. Ganze sieben Mal weilte der norwegische Schriftsteller Henrik Ibsen (1828–1906) in Gossensaß und trug dadurch gewiss zur Bekanntheit des Ortes bei. Seine Hedda Gabler erinnert sich im zweiten Akt des gleichnamigen Theaterstückes an das kleine Städtchen am Fuß des Brenners, wo sie und ihr Mann Tesman auf ihrer Reise übernachtet und die „vielen lustigen Sommerfrischler getroffen haben“. 

In Erinnerung an den norwegischen Schriftsteller Henrik Ibsen, der zusammen mit seiner Frau Suzannah und seinem Sohn Sigurd mehrmals in Gossensaß weilte und hier an mehreren seiner Dramen arbeitete

Villen mit Erkern und hölzernen Veranden

Die Blütezeit des Tourismus währte nur wenige Jahrzehnte bis zum Ersten Weltkrieg. 1945 brannte das Grandhotel Gröbner, der Inbegriff der Gossensasser Sommerfrische, nach einer Explosion vollkommen aus.

Dennoch gibt es noch heute bei einem Bummel durch den Ort historische Architektur aus dem 19. Jahrhundert zu sehen, kleinere und größere Villen mit Erkern, verglasten Veranden und hölzernen Balkonen. Schließlich wurden auch in Privathäusern Wohnungen an die „Herrschaften“ zur Sommerfrische vermietet. Sie genossen von den Veranden aus windgeschützt den grandiosen Ausblick in die umliegende Bergwelt oder tranken Tee in den schattigen Privatgärten. 

Noch heute laden die Traditionsgasthäuser des Ortes zu einem Halt in Gossensaß ein. Und nach dem Bummel durch die Marktgemeinde erwarten mich ein Macchiato oder Espresso, ein Stück Apfelstrudel oder ein Eiskaffee auf einer Terrasse mitten im Ort. 

Schmucke Villen im Dorfzentrum von Gossensaß

Zum Weiterlesen

Die Begebenheit von Ing. Carl Etzel und Margareta Kadner-Gröbner ist erzählt bzw. zitiert nach: Josef Rampold, Eisacktal. Landschaft zwischen Firn und Reben, 5. überarbeitete Auflage, Bozen 1996 (Verlagsanstalt Athesia), S. 53.

„Hedda Gabler“, das Theaterstück von Henrik Ibsen, ist auch online verfügbar: Projekt Gutenberg.


Abbildungsnachweis: Alle Fotos stammen von Johanna Bampi. Die historische Ansichtskarte befindet sich in Privatbesitz.


Neugierig auf weitere Themen aus und über Südtirol? Gerne! KulturSuedtirol.com hält eine Fülle aktueller Beiträge bereit. Kennst Du beispielsweise schon diese Berichte?

Schmunzelnd in Bozen: das Rind in der Runkelsteiner Straße

Rundlich wirkende Gestalten, manchmal etwas behäbig und untersetzt mit kurzen Beinen, oft als Rückenfiguren, beim Wimmen oder mit einem Ochsengespann. Radierungen in gedämpften Erdfarben. Bildmotive aus meiner Kindheit. Gesehen in privaten Wohnungen. Inzwischen weiß ich, dass Rudolf Maria Complojer der Schöpfer dieser humorvollen Schilderungen aus dem bäuerlichen Leben ist.

Und was hat nun ein Rind damit zu tun?

An einer von Complojers Wandmalereien komme ich immer wieder vorbei. Sie hat mich schon als Kind fasziniert. Eigentlich nicht weiter verwunderlich, bei diesem Motiv! 

Wie aus dem Nichts taucht nämlich in der Runkelsteiner Straße in Bozen ein Bauer auf. Genaugenommen ein Rind mit einem Bauer. Das riesengroße Tier dominiert eindeutig die Bildfläche. Und es ruht ziemlich schwer auf dem Rücken des Bauern, der es – etwas rundlich und behäbig wirkend – mit sicherem Schritt zum Metzger trägt. 

Die Malerei schließt oben rundbogig ab. Sie erstreckt sich über die Höhe von zwei Stockwerken und füllt beinahe die gesamte Fläche der von Quadern klar begrenzten Hauswand aus. Links unten im Eck hat Rudolf Maria Complojer sein Werk signiert. Datiert ist es nicht. Doch der Bauer mit dem Rind ziert inzwischen seit mindestens 50 Jahren dieses Haus in der Runkelsteiner Straße, in dessen Erdgeschoss sich (seit einigen Monaten wieder) eine Metzgerei befindet. 

Wandmalerei von Rudolf Maria Complojer in der Runkelsteiner Straße in Bozen

Der Künstler Rudolf Maria Complojer

Rudolf Maria Complojer wurde 1938 geboren und lebt auf dem Ritten. Er stammt aus einer Künstlerfamilie: Schon sein Vater, Rudolf Complojer (1905–1991) war als Maler eine fixe Größe im Südtiroler Kulturleben. 

Rudolf Maria Complojer beherrscht mehrere Techniken. Neben seinen Radierungen ist er auch für Aquarelle, Lithographien und Linolschnitte bekannt. Und für seine Wandmalereien an privaten und öffentlichen Gebäuden. Auch die Bandbreite seiner Sujets geht weit über Schilderungen aus dem vorwiegend bäuerlichen Alltagsleben hinaus.

Echte Kunst am Wegesrand – vielleicht zaubert die humorvolle Schilderung von Rudolf Maria Complojer auch Dir ein Schmunzeln ins Gesicht? 


Fotonachweis: Alle Aufnahmen stammen von Johanna Bampi.


Neugierig auf weitere Themen aus und über Südtirol? Gerne! KulturSuedtirol.com hält eine Fülle aktueller Beiträge bereit. Kennst Du beispielsweise schon diese Berichte?

Aus Marmor gehauen: Oskar von Redwitz in Meran

Meran hat immer Saison. Selbst an heißen Sommertagen laden schattige Plätzchen in den großen und kleinen Parkanlagen der Passerstadt zum Verweilen ein. Mitunter in Gesellschaft und immer wieder buchstäblich im Schatten marmorner Persönlichkeiten. 

Eine Büste aus weißem Marmor im Schillerpark

In Obermais verbindet ein kleiner Park die Cavourstraße mit der Schafferstraße: der Schillerpark. Hier sitzen noch Meranerinnen und Meraner, bei einem Gespräch oder über einem Buch. Andere nutzen den Park als schattigen Durchgang und tragen ihre Einkäufe vom Brunnenplatz nach Hause. 

Hier im Schillerpark steht die Marmorbüste eines Mannes, der gedankenverloren in die Ferne zu blicken scheint. Wie viele in dem Bärtigen wohl Friedrich Schiller vermuten? Doch in den Sockel ist sein Name gemeißelt: „Oscar Freiherr von Redwitz“.

Das Denkmal für Oskar von Redwitz im Schillerpark von Meran

Wer war Oskar von Redwitz? 

Der Name Oskar von Redwitz ist mir zum ersten Mal hier im Schillerpark begegnet. Von allen Werken des Schriftstellers kenne ich nur eines – das von Franz Liszt vertonte Gedicht „Es muss ein Wunderbares sein / Ums Lieben zweier Seelen“. Oskar von Redwitz teilt sein Schicksal mit vielen Künstlern des 19. Jahrhunderts: zu Lebzeiten gerühmt ist er heute nahezu vergessen.

Oskar von Redwitz und Meran 

Im Jahr 1872 ließ sich Oskar von Redwitz (1823–1891) in Meran nieder und erwarb eine Villa in Obermais, die er „Schillerhof“ nannte. Er selbst war alles andere als ein Unbekannter: mit seinen Gedichtbänden und Dramen konnte der fast 50-Jährige auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. Seine Meraner Villa wurde zu einem Ort des geistigen Austausches mit Künstlern und Literaten. 

Als Oskar von Redwitz am 6. Juli 1891 in einem Sanatorium bei Bayreuth verstarb, schrieb die „Meraner Zeitung“ in einem Nachruf: „Mit Wohlwollen und regem Interesse hat Oskar v. Redwitz stets das Emporblühen Merans verfolgt.“ (Meraner Zeitung, Nr. 154, 10.07.1891, S. 2) Die Villa Schillerhof in der Cavourstraße schräg gegenüber dem Schillerpark steht noch heute. 

Abstandsregel eingehalten, auch gegenüber dem Freiherrn

Ein Denkmal für einen umschwärmten Dichter

Die Initiative für das Denkmal ging von einigen adeligen Damen aus. Sie gründeten ein Komitee und sammelten eifrig Spenden. Die treibenden Kräfte für das Projekt waren eine Gräfin zu Castell und eine Baronesse von Schleinitz. Als Schirmherrin ihres Projektes gewannen sie Maria José von Braganza, die zweite Gemahlin von Herzog Karl Theodor in Bayern und Schwägerin von Kaiserin Elisabeth. 

Am 23. Oktober 1894 wurde das neue Denkmal in der Elisabeth-Anlage im Beisein von Honoratioren und Mitgliedern der Familie von Redwitz enthüllt. (Meraner Zeitung, 24.10.1894, Nr. 127, S. 2-3)

Elisabeth-Anlage? Schillerpark? Wie in vielen Städten wechselten auch in Meran zahlreiche Straßen, Plätze oder Parks im Laufe von mehr als 100 Jahren ihre Namen. Doch in diesem Fall steht tatsächlich ein Ortswechsel dahinter. Ursprünglich befand sich das Redwitz-Denkmal nämlich in der Grünanlage vor dem heutigen Hotel Adria an der St.-Georgen-Straße. 

Caspar von Zumbusch: der Künstler hinter dem Denkmal

Anders als die meisten Denkmäler steht die Büste von Redwitz auf Augenhöhe zum Betrachter. An der Rückseite entdecke ich die teils verwitterte Signatur des Künstlers: „C. v. ZUMBUSCH 1894“. So bekannt wie Redwitz im 19. Jahrhundert war, so berühmt war auch dessen Freund und Schöpfer des Denkmals, der Bildhauer Caspar von Zumbusch (1830–1915), der das Denkmal aus weißem Laaser Marmor schuf. 

Caspar von Zumbusch schuf Zeit seines Lebens zahlreiche prestigeträchtige Denkmäler, darunter das Denkmal für Kaiserin Maria Theresia zwischen dem Kunsthistorischen und dem Naturhistorischen Museum in Wien oder jenes für König Maximilian II. in der Maximilianstraße in München. 

Und was ist mit Gossensaß?

Genau. Nicht nur Meran besitzt ein Oskar von Redwitz-Denkmal. Auch in Gossensaß erinnern der Redwitzplatz und eine Bronzebüste von Friedrich Beer (1846–1912) aus dem Jahr 1892 an den deutschen Dichter, der seine Sommerfrische gerne in dem kleinen Dorf südlich des Brenners verbrachte. 


Fotonachweis: Alle Aufnahmen stammen von Johanna Bampi und Benjamin Zwack.


Neugierig auf weitere Themen aus und über Südtirol? Gerne! KulturSuedtirol.com hält eine Fülle aktueller Beiträge bereit. Kennst Du beispielsweise schon diese Berichte?

Die Eidechsspitze in Südtirol: ein Garant für Rundumsicht

„Hegedex“ wird die Eidechsspitze in den Pfunderer Bergen von den Einheimischen genannt. So heißt die Eidechse im lokalen Dialekt. Als „erster Berg“ des Pfunderer Tales hoch über Weitental und Terenten beherrscht sie, von Brixen kommend, den Blick ins Pustertal. Dank ihrer charakteristischen Westflanke ist sie leicht erkennbar. 

Rundumsicht garantiert

Die Eidechsspitze zählt mit ihren 2.738 m ü.d.M. gewiss nicht zu den höchsten Gipfeln dieser Gegend. Doch aufgrund ihrer Lage in erster Reihe bietet sich mir vom Gipfel aus ein herrlicher Rundumblick – nach Weitental, Vintl und Mühlbach, ja sogar bis nach Brixen, oder auch nach Pfunders, auf den Talschluss und auf die teils vereisten Berge der Zillertaler Alpen. 

Blick vom Gipfel der Eidechsspitze nach Weitental, Vintl und Mühlbach

Das idyllische Winnebachtal

Doch zurück an den Anfang. Ausgangspunkt meiner Wanderung ist das Winnebachtal bei Terenten. Zunächst führt mich eine Forststraße gemütlich ans Ende des Tales, wo der steilere Anstieg beginnt. Die Straße geht schließlich in einen schmalen Steig über und führt mich, gesäumt von Alpenrosen, nach oben.

Findest Du das Murmeltier? Es hat sich den Stein mit der Markierung ausgesucht.

Vom Wasserfall zur Tiefrastenhütte

Doch keine Sorge. Der Steig führt nicht nur steil nach oben. Denn schon bald ist der Wasserfall erreicht. Und von hier an führt mich der Weg gemächlich am Winnebach entlang weiter zur Tiefrastenhütte. Es folgt ein wirklich kurzer letzter Anstieg. Und die erste Etappe ist geschafft!

Der Tiefrastensee mit der Tiefrastenhütte

Am Tiefrastensee

Am tiefblauen Tiefrastensee versorgte einst die Fritz-Walde-Hütte ab Sommer 1913 erstmals hungrige und durstige Bergsteiger – doch nur für kurze Zeit. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs war bereits ein Jahr später vorerst Schluss. Nach dem Krieg wurde die Fritz-Walde-Hütte der Alpenverein-Sektion Brixen enteignet und dem italienischen Club Alpino Italiano übertragen, der sie in der Zwischenkriegszeit führte. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie geplündert und ausgebrannt. Erst 1975 begannen die Ortsstellen Terenten und Vintl des Südtiroler Alpenvereins mit dem Bau der neuen – jetzigen – Tiefrastenhütte (2.312 m ü.d.M.) am gleichnamigen Bergsee.

Ein Blick zurück auf die Tiefrastenhütte

Murmeltiere und neugierige Ziegen 

Nach einer kurzen Rast am See führt mich der Weg über Steine und über Geröllfelder weiter zur Kompfossscharte. Wie schon auf dem Weg zum Wilden See lässt sich auch hier ein Murmeltier blicken – die Felsen an der Sonnenseite bieten den Tieren einen idealen Lebensraum. Oben angekommen erwarten mich bereits neugierige Ziegen, die hier – oberhalb des Kompfosssees – ihren Bergsommer verbringen. Nun geht es wieder etwas gemütlicher weiter, auf und ab. Der Blick, der sich Richtung Brixen bietet, ist grandios. Ich erkenne die Aferer Geisler und den Peitlerkofel sowie das mächtige Massiv des Heiligkreuzkofels. Die Villnösser Geisler verschwinden im Dunst. Doch es gilt, mich nicht zu sehr ablenken zu lassen – denn der Steig ist an kurzen Passagen immer wieder durch Drahtseile gesichert. 

Ob die Ziegen gerade die Aussicht zum Heiligkreuzkofel (links) und dem Peitlerkofel (rechts) betrachten?

Am Gipfel der Eidechsspitze 

Schon bald stehe ich am „Fuße“ der Eidechsspitze: Es beginnt der letzte Anstieg. Das Gipfelkreuz habe ich dabei immer im Blick. Und die Aussicht auf eine herrliche Rundumsicht ist mir genug Motivation für die letzten Höhenmeter.


Die Wanderung zum Tiefrastensee und zur Eidechsspitze

Geschafft!

Ausgangspunkt für diese Wanderung zum Tiefrastensee und weiter zur Eidechsspitze ist der Parkplatz im Winnebachtal bei Terenten. Sowohl der Aufstieg als auch der Abstieg dauern rund 3 Stunden.

Die Tiefrastenhütte lädt zur Einkehr ein und bietet außerdem die Möglichkeit zum Übernachten. Die Hütte ist meistens von Mitte Mai bis Anfang November bewirtschaftet. Aktuelle Informationen zu den Öffnungszeiten der Tiefrastenhütte sowie die Kontaktdaten der Hütte findet Du findest auf der Website des AVS.

Exakte Beschreibungen der Tour mit den Markierungsnummern der Wege, mit Angaben zum Höhenprofil und zu den Gehzeiten findest Du auf der Seite alpenvereinaktiv.com https://www.alpenvereinaktiv.com/de/ des DAV, ÖAV und AVS.

Aktuelle Auskünfte erhältst Du außerdem bei der Touristinfo Terenten.

Haftungsausschluss: Alle Angaben zur Wanderung wurden sorgfältig geprüft. KulturSuedtirol übernimmt keine Haftung für Unfälle oder die Richtigkeit der Angaben. Die Verwendung der von KulturSuedtirol bereit gestellten Informationen erfolgt auf Risiko jedes einzelnen Wanderers. KulturSuedtirol empfiehlt jedem, sich vor Beginn der Tour selbst über die aktuellen Wetterverhältnisse und den Schwierigkeitsgrad der Wanderung zu informieren und selbst einzuschätzen, ob die geschilderte Wanderung der eigenen Kondition und Erfahrung entspricht.


Fotonachweis: Alle Aufnahmen stammen von Johanna Bampi.


Neugierig auf weitere Themen aus und über Südtirol? Gerne! KulturSuedtirol.com hält eine Fülle aktueller Beiträge bereit. Kennst Du beispielsweise schon diese Berichte?


Immer auf dem Laufenden bleiben! Jetzt KulturSuedtirol bei Facebook oder den KulturSuedtirol-Newsletter abonnieren:

Die Eidechsspitze oder "Hegedex", wie sie im Dialekt heißt, zählt zu den schönsten Wanderungen in den Pfunderer Bergen….

Gepostet von KulturSuedtirol.com – Menschen, Orte, Einblicke. am Sonntag, 2. August 2020

Überblick: Viele Wege führen zu KulturSuedtirol.com

Das Portal KulturSuedtirol.com erreicht man auf ganz unterschiedlichen Wegen. Heute geben wir Euch einen Überblick, wie Ihr KulturSuedtirol.com ganz bequem lesen und abonnieren könnt:

Homepage

Den vollständigen Überblick über alle verfügbaren Beiträge und Artikel findet Ihr – ganz klar – direkt auf der Homepage www.kultursuedtirol.com in chronologischer Reihenfolge. Sucht Ihr etwas Bestimmtes? Kein Problem: Mit einem Klick auf die Lupe (oben rechts) könnt Ihr gezielt nach Schlagwörtern suchen, mit der Kategorien-Übersicht (ebenfalls rechts im Bild) ruft Ihr Themenbereiche auf, die Euch besonders interessieren. Mit Eurem Smartphone oder Tablet funktioniert all das natürlich ebenfalls, angepasst auf das kleinere Displayformat. Alle aktuellen mobilen Geräte unterstützen übrigens die Funktion, KulturSuedtirol zu Eurem Homescreen hinzuzufügen. Damit ist eine Menge Geschichte und Geschichten wirklich nur noch einen Fingertipp entfernt.

RSS-Feed

Das Abo unseres RSS-Feed ist ungemein praktisch: Sobald ein neuer KulturSuedtirol-Beitrag entstanden ist, informiert Euch Euer RSS-Reader darüber. Dazu genügt es, mit einem geeigneten RSS-Programm den Link https://kultursuedtirol.com/feed/ zu abonnieren. Das ist natürlich kostenlos. Passende RSS-Reader findet Ihr im Internet in den App-Stores Eures Vertrauens, am Mac gefällt mir das Open-Source-Programm Vienna RSS am besten.

Newsletter

Ganz neu: Inzwischen könnt Ihr KulturSuedtirol.com auch per E-Mail abonnieren. Dann erhaltet Ihr alle vier bis sechs Wochen einen Newsletter mit den zuletzt erschienenen Beiträgen, vielen Hintergrundinformationen und dem ein oder anderen zusätzlichen Foto und Video. Der Newsletter-Empfang ist selbstverständlich kostenlos, Eure E-Mailadresse wird dazu DSGVO-konform sicher gespeichert und ausschließlich für den Newsletterversand verwendet. Probiert es am besten selbst aus, die Anmeldung ist unter diesem Link (Newsletter-Abo KulturSuedtirol.com) möglich.

Facebook

Last but not least erreicht Ihr KulturSuedtirol.com auch über Facebook. Wir liefern Euch dort Links, aktuelle Beiträge und viele Fotos aus Südtirol. Am besten gleich abonnieren (Daumen hoch!) und keinen neuen Post verpassen: https://www.facebook.com/KulturSuedtirol.

Die aufgeführten Internetportale und Programme wurden unentgeldlich genannt.

Heilige am Wegesrand: Bildstöcke in Südtirol

Zum Gebet und zum Innehalten am Wegesrand, als Dank oder auch als Erinnerung an persönliche Schicksale wurden sie als Zeichen tiefer Volksfrömmigkeit errichtet: Bildstöcke. Manche reichen sogar ins Mittelalter zurück, viele entstanden im 17. und 18. Jahrhundert. Ihre Nischen sind meistens mit Malereien, Bildern oder Statuen geschmückt. Und jetzt laden sie auch Dich zu einer kleinen Pause ein…

Volksnahe Heilige und Marienbilder schmücken die Bildstöcke

Als Kind erlebte ich sie als Orientierungspunkte und wusste an den oft begangenen oder befahrenen Strecken genau, wo sich welches „Bildstöckl“ befindet. Dass Bildstöcke in ihren Nischen, oft zusätzlich hinter Gittern oder Fenstern, etwas verbargen, machte vermutlich als Kind ihren besonderen Reiz auf mich aus. Nur wenn ich stehen blieb, konnte ich hineinschauen. 

Eine frühe Kindheitserinnerung ist mit einem einfachen Bildstock auf der Straße von Seis am Schlern nach St. Oswald verbunden. Was mich mehr faszinierte – seine leuchtend blauen Farben oder seine Lage dicht unter einem hervorspringenden Porphyrfelsen – kann ich heute nicht mehr genau sagen. Er verbirgt in seinem Inneren übrigens einen Druck mit einem leidenden Christuskopf. 

Der Bildstock beim Karlottenkofl auf dem Weg von Seis nach St. Oswald

Der Bildstock „in Fall“

Ganz anders der Bildstock „in Fall“, der frei in einer Wiese an der schmalen Straße nach St. Oswald (Gemeinde Kastelruth) steht. Vor einigen Tagen habe ich ihn mir noch einmal ganz genau angesehen.

Der Bildstock ist sowohl außen als auch innen an allen Seiten bemalt. Durch die fast menschengroße Öffnung betrete ich einen kleinen Raum. 

Direkt vor mir ist Maria mit dem Jesuskind dargestellt. Liebevoll schmiegt sich das Kind an die Wange seiner Mutter. Die Art der Darstellung folgt dem berühmten Gnadenbild „Maria Hilf“ im Innsbrucker Dom. Dieses volksnahe Motiv ist in zahlreichen Kirchen, aber auch an Bildstöcken und als Fassadenmalerei im Alpenraum sehr verbreitet. 

Maria Hilf, Bildstock „in Fall“

Rechts von mir ist der hl. Joseph in andächtiger Haltung und mit einem blühenden Stab als sein Attribut, also sein „Erkennungszeichen“, dargestellt. Den Heiligen an der linken Seite, der ein Kruzifix verehrt, erkenne ich vor allem an der abgelegten Krone als den hl. Aloisius von Gonzaga. 

An der Außenseite flankieren die beiden Apostel Petrus und Paulus (rechts) den schmalen Eingang. Über dem Bogen ist, leider großteils zerstört, Gott Vater dargestellt. Dies erkenne ich einmal an den weißen Haaren, die das Gesicht umrahmen, und zum anderen am Dreieck (dem Symbol für Gott), das seinen Kopf hinterfängt. 

Der Bildstock „in Fall“ von vorne mit den hll. Petrus und Paulus (links bzw. rechts) und Gottvater (oben)

Auch für die Seitenwände wurden zwei äußerst beliebte Heilige ausgewählt. Der hl. Antonius von Padua ist als Mönch dargestellt: im Ordenskleid der Franziskaner und mit einer Tonsur, also einer runden kahl geschorenen Stelle auf dem Kopf. Das Jesuskind wendet sich ihm mit ausgestreckten Armen zu. 

Der hl. Johannes von Nepomuk betend vor dem Kruzifix. Links ist ein blauer Vorhand drapiert.

Der betende Heilige auf der anderen Seite ist an seiner Kleidung und am Sternenkranz als Johannes von Nepomuk zu erkennen. 

Die Rückseite des Bildstocks zeigt Christus am Kreuz – so groß, dass man Ihn auch beim schnellen Vorbeifahren erkennen kann. 

Warum gerade diese Heilige?

Alle genannten Heiligen werden in Tirol seit Jahrhunderten verehrt. Alle Namen waren beliebte und verbreitete Taufnamen. 

Josef wird in Tirol als Landespatron verehrt. Aloisius von Gonzaga gilt als Patron der Jugend, aber auch als Pestheiliger. Seine abgelegte Krone weist darauf hin, dass er als erstgeborener Sohn des Markgrafen von Castiglione auf seine Erbfolge verzichtet. 

Das Jesuskind wendet sich dem hl. Antonius von Padua zu.
Dieser trägt das Ordenskleid der Franziskaner und die für Mönche vorgeschriebene Tonsur.

Auch Antonius von Padua zählt zu den Pestheiligen und wird unter anderem bei Viehkrankheiten angerufen. Vielerorts gilt er auch als Unterstützer beim Wiederfinden von verlegten oder verlorenen Gegenständen. 

Johannes von Nepomuk soll gegen sämtliche Wassergefahren schützen.

Den beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus ist die hiesige Pfarrkirche von Kastelruth geweiht, was für die Wahl dieser beiden Heiligen eine Rolle gespielt haben mag. 

Die Rückseite des Bildstocks „in Fall“ mit Christus am Kreuz und dem hl. Antonius von Padua an der Seite

Ein respektvolles Innehalten vom Alltag

Nicht nur als Kind hätte mich dieser kleine Bildstock mit seinen vielen Malereien entzückt. Erbaut wurde er im Jahre 1680, wie eine Inschrift im Inneren verrät. Mit seinen einfachen Malereien steht er seit inzwischen 340 Jahren für die tiefe Frömmigkeit der ländlichen Bevölkerung. Ein guter Grund für ein respektvolles Innehalten. 


Abbildungsnachweis: Alle Fotos stammen von Johanna Bampi. Der Bildstock „in Fall“ wurde im Juli 2020 fotografiert, jener beim Karlottenkofl im Frühling 2010.


Neugierig auf weitere Themen aus und über Südtirol? Gerne! KulturSuedtirol.com hält eine Fülle aktueller Beiträge bereit. Kennst Du beispielsweise schon diese Berichte?


Immer auf dem Laufenden bleiben! Jetzt KulturSuedtirol bei Facebook abonnieren:

Heilige am Wegesrand. Besonders zahlreich finden sich Bildstöcke im Schlerngebiet. Und meistens sind sie aufwändig…

Gepostet von KulturSuedtirol.com – Menschen, Orte, Einblicke. am Mittwoch, 29. Juli 2020

Mit Christophorus auf Reisen

Schon Hans Christian Andersen fielen sie auf seiner Reise von Italien nach Norden auf: die zahlreichen Heiligendarstellungen an Kirchen und Wohnhäusern in Tirol. Just vom heiligen Christophorus mit dem Jesuskind auf seinen Schultern, der in Tirol „enorm groß“ so manche Hauswand ziere, ließ der dänische Schriftsteller den Mond in seinem „Bilderbuch ohne Bilder“ erzählen. 

Der hl. Christophorus an Pilger- und Handelsrouten

In der Tat schmücken zahlreiche Kirchen von der Salurner Klause bis zum Brenner überlebensgroße Darstellungen dieses beliebten Heiligen und Patrons der Reisenden. Man findet ihn an Kirchen am Talboden und im Mittelgebirge sowie auf Pässen und Übergängen.

Der hl. Christophorus und das Christuskind
vermutlich von einem Maler aus der Werkstatt von Friedrich Pacher, 1490er Jahre
Detail aus einem Fresko an der Pfarrkirche St. Walburg in Antholz-Niedertal
Foto: Johanna Bampi

Ich zeige Dir heute ein Christophorusfresko, das Hans Christian Andersen bei seiner Durchreise gewiss nicht gesehen hat. Es befindet sich an der Pfarrkirche von Weitental im Pustertal und liegt dadurch abseits der klassischen Nord-Süd-Achse durch Südtirol. Ich habe dieses Fresko ausgesucht, weil der Maler besonders viele Details festgehalten hat, die Dir – und allen, die seit Jahrhunderten an dieser Malerei vorbei kommen – einiges über diesen Heiligen erzählen.

Der hl. Christophorus an der Pfarrkirche von Weitental

Mit großer Erzählfreude schildert der Maler mittig den „Riesen“ Christophorus, der bis zu den Knien im Wasser steht und Menschen von einem schroffen Ufer zum anderen trägt. Der Legende nach war Christophorus auf seiner Suche nach dem allergrößten Herrn – Christus – schließlich zu einem Einsiedler gelangt, der ihm diese Aufgabe anvertraut hatte. Der Einsiedler selbst ist rechts im Bild in einfacher Kleidung und mit einer Laterne in der Hand zu sehen. Hinter ihm erhebt sich eine Kirche. Die Landschaft links im Hintergrund zeigt eine befestigte Stadt und zwei Boote auf dem Fluss.

Der hl. Christophorus mit dem Christuskind
Fresko an der Pfarrkirche zum hl. Thomas in Weitental
Foto: Johanna Bampi

Eines Nachts trug Christophorus ein kleines Kind über das Wasser, eine nur vermeintlich leichte Last, die immer schwerer wurde. Das Kind gab sich schließlich dem Riesen als Christus zu erkennen und taufte ihn. Daraufhin erblühte der Stab von Christophorus und trug reiche Früchte wie auf der Malerei deutlich zu sehen ist. Das Kind mit seinem wehenden Mäntelchen ist anhand seiner segnenden Hand und dem Reichsapfel mit Kreuz als Christuskind zu erkennen.  

Auch Christophorus selbst ist kostbar gekleidet. Er trägt einen roten Mantel mit einem Hermelinkragen und eine Kette mit einem Kreuz um den Hals. An seinem geknoteten Gürtel führt er ein Messer und einen mit Quasten verzierten Beutel mit Proviant mit sich. Besonders auffallend ist die Krone auf seinem Kopf. Sie wird als Hinweis darauf gedeutet, dass Christophorus (der Christusträger) als einziger unter den Heiligen das Privileg genoss, Christus zu tragen. 

Musizierende Fabelwesen
Detail aus dem Christophorusfresko an der Pfarrkirche von Weitental
Foto: Johanna Bampi

Im Wasser des Flusses bewegt sich allerlei: neben Fischen, Krebsen und Muscheln siehst Du auch phantastische Meereswesen, die für Gefahren und Versuchungen stehen, sowie nixenartige Fabelwesen, die auf einer Flöte oder Trommel spielen oder Glöckchen in den Händen halten.

Im unteren linken Eck siehst Du eine kniende Figur mit ihrem Wappen. Dank des Wappens mit der Schere ist diese Person im Franziskanerhabit als Johannes Nas, Domprediger und späterer Weihbischof von Brixen, zu identifizieren. Er weilte 1577 anlässlich einer Visitation in Weitental und ließ das Fresko erneuern. Johannes Nas hatte zunächst eine Schneiderlehre absolviert und war danach in den Franziskanerorden eingetreten. Das erklärt auch sein ungewöhnliches Wappen mit einer Schere.

Nixenartiges Fabelwesen mit zwei Glöckchen
Detail aus dem Christophorusfresko an der Pfarrkirche von Weitental
Foto: Johanna Bampi

Die Angst vor dem plötzlichen Tod

Christophorus gilt nicht nur als Patron der Pilger und der Reisenden, sondern er hatte über Jahrhunderte auch als Patron gegen den plötzlichen Tod eine große Bedeutung im Glauben der Bevölkerung. Ein morgendlicher Blick auf die Heiligendarstellung, so die Vorstellung, würde einen zumindest für diesen Tag vor einem plötzlichen Tod schützen – nicht vor dem Sterben per se, aber vor einem unvorbereiteten Tod ohne Empfang der Sterbesakramente. 

Eine „enorm große“ Darstellung, wie es H.C. Andersen formulierte, an einer prominenten und gut einsehbaren Stelle, zum Beispiel eben an der Außenwand der lokalen Kirche, versprach somit einen gewissen Schutz.

Der hl. Christophorus mit dem Christuskind in einem mit reichen Bordüren geschmückten Feld
vermutlich von einem Bozner Maler, frühes 15. Jh.
St. Valentin oberhalb von Seis am Schlern
Foto: Johanna Bampi

Mit Christophorus unterwegs

Der hl. Christophorus, dessen Gedenktag auf den heutigen 24. Juli fällt, war bereits im Spätmittelalter ein umstrittener Heiliger, da sich seine Existenz historisch nicht belegen lässt. Dennoch gehört er wohl noch heute zu den populärsten Heiligen, gerade wegen seiner Funktion als Patron der Reisenden und jeglicher Verkehrsteilnehmer. So werden zum Beispiel in vielen katholischen Gemeinden am Christophorus-Sonntag private Fahrzeuge gesegnet. Auch die Rettungshubschrauber der ADAC Luftrettung sind im wahrsten Sinne des Wortes mit „Christoph“ unterwegs.


Zum Weiterlesen

Hans Christian Andersen, Bilderbuch ohne Bilder, hrsg. und aus dem Dänischen übersetzt von Ulrich Sonnenberg (= Insel-Bücherei Nr. 1319), Frankfurt am Main und Leipzig 2009 (Insel Verlag, ISBN 978-3-458-19319-7)

Karl Gruber: Kirchenkunst in Niedervintl, Obervintl, Weitental und Pfunders, Lana 1994 (Tappeiner Verlag, ISBN 88-7073-171-5)

Zur Legende des heiligen Christophorus: heiligenlexikon.de


Lust auf mehr? Hier eine Auswahl von Christophorusdarstellungen an Südtiroler Kirchen

Im Unterland, im Überetsch sowie in und um Bozen
Auer, Pfarrkirche zum hl. Petrus: Fresko aus dem Jahr 1516
Bozen, St. Johann im Dorfe: Fresko aus der zweiten Hälfte des 14. Jhs.; St. Martin in Kampill: Fresko aus dem Jahr 1570
Graun, Pfarrkirche zum hl. Georg: Fresko, um 1370, 1722 derb ausgebessert
Kaltern, St. Nikolaus: Fresko aus dem Jahr 1561; St. Anton: Fresko aus dem Jahr 1470
Neumarkt, Unsere Liebe Frau in der Vill: Fresko aus dem 17. Jh.
Tramin, Pfarrkirche zu den hll. Julitta und Quiricus: Fresko aus dem Ende des 14. Jhs.

Auf dem Ritten und im Schlerngebiet
Ritten, St. Nikolaus in Mittelberg: Fresko aus dem 15. Jh.
St. Valentin oberhalb von Seis am Schlern, Kirche St. Valentin: Fresko aus dem frühen 15. Jh. (siehe Foto)
Tisens bei Kastelruth, Kirche St. Nikolaus: Fresko aus dem Jahr 1791

Im Eisacktal
Afers bei Brixen, St. Jakob: Fresko aus dem 15. Jh.
Albions, Kirche St. Nikolaus: Fresko aus dem Jahr 1496
Milland bei Brixen, Wallfahrtskirche Maria am Sand: Fresko aus dem frühen 16. Jh.
Tils bei Brixen, Kirche St. Cyrill: Fresko aus dem frühen 15. Jh.
Tschötsch, Pfarrkirche zum hl. Johannes Baptist: Fresko aus dem frühen 16. Jh.
Villanders, Pfarrkirche zum hl. Stephan: Fresko aus dem Jahr 1569; Kirche St. Valentin: Fresko aus dem frühen 15. Jh.
Villnöß, St. Valentin in Pardell: Fresko aus dem frühen 15. Jh.
Verdings, Kirche zum hl. Valentin: Fresko aus der Mitte des 15. Jhs.

Im Pustertal
Meransen, Pfarrkirche zum hl. Jakobus: Fresko, Ende 15. Jh.
Weitental, Pfarrkirche zum hl. Thomas: Fresko (Foto siehe oben)
St. Sigmund, Pfarrkirche zum hl. Sigmund: Fresko aus dem Jahr 1519
Antholz-Niedertal, Pfarrkirche zur hl. Walburg: Fresko aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs. (Foto siehe oben)


Neugierig auf weitere Themen aus und über Südtirol? Gerne! KulturSuedtirol.com hält eine Fülle aktueller Beiträge bereit. Kennst Du beispielsweise schon diese Berichte?


Immer auf dem Laufenden bleiben! Jetzt KulturSuedtirol bei Facebook abonnieren:

An vielen Kirchen ist er zu sehen: der hl. Christophorus. Auch an der Pfarrkirche von Weitental (im Bild). Als Patron…

Gepostet von KulturSuedtirol.com – Menschen, Orte, Einblicke. am Freitag, 24. Juli 2020