Franz Kafka: Ein Beamter besucht Meran

Buchstäblich am Wegesrand, und zwar am unteren Teil der Passerpromenade in Meran, stehen mehrere Büsten und plastische Kunstwerke. Sie erinnern an Menschen, die für die Geschichte und Entwicklung der Stadt Meran wichtig waren. Eine Büste trägt den Titel „Hommage an Franz Kafka“. 

Franz Kafka, ein unbekannter Versicherungsbeamter

An der Fassade der Ottoburg in Untermais, einem Privathaus in der Maiastraße, erinnert heute eine Marmortafel an den Aufenthalt von Franz Kafka in Meran. Als er im April 1920 am Bahnhof von Meran aus dem Zug stieg, war er einer von vielen. Ein lungenkranker Versicherungsbeamter aus Prag, deutscher Muttersprache, der sich hier Linderung seiner Beschwerden erhoffte. An eine Heilung war damals nicht zu denken. 

Vom Hotel Emma in die Pension Ottoburg

Der Weg vom Bahnhof ins Hotel Emma in der Europaallee, einer der ersten Adressen in der Stadt, war nicht weit. Umso anstrengender muss die Reise von Prag nach Meran gewesen sein, die im Jahr 1920 bereits über mehrere Staatsgrenzen führte. Nach wenigen Tagen im Hotel zog Kafka in die Pension Ottoburg um, wo er fast drei Monate bleiben sollte. Im ehemaligen Hotel Emma ist heute die Fachoberschule für Tourismus und Biotechnologie „Marie Curie“ untergebracht.

Meran im Herbst: das Kurhaus

Kafka schreibt an Milena und an seine Schwester Ottla

Bereits von Meran aus schrieb Kafka zahlreiche seiner heute so bekannten Briefe an Milena Jesenská (1896–1944), in die auch Schilderungen seines Alltags in Meran einflossen. Auch seine jüngste Schwester Ottla (1892–1943) nahm durch einen regen Briefverkehr an seinem Leben intensiv teil. 

Franz Kafka an der Passerpromenade

Urs Lüthi schuf im Jahr 2015 die Bronzebüste an der Passerpromenade in der Höhe der evangelischen Christuskirche. Der Kopf mit seiner Glatze und den runden, konvex hervortretenden Augenhöhlen will dezidiert keine Porträtbüste Franz Kafkas sein, sondern ähnelt ganz bewusst dem Künstler selbst. Lüthi stellt in seinem Werk komplexe und vieldeutige Verweise zwischen seiner Identität, die er Kafka überstreift, her und spielt dadurch zugleich auf eines der berühmtesten Werke des Schriftstellers an: auf die Erzählung „Die Verwandlung“ und dessen Hauptfigur Gregor Samsa, die sich in ein Ungeziefer verwandelt. 

Hommage an Franz Kafka, von Urs Lüthi, 2015

Meran feiert das Kafka-Jahr

100 Jahre sind seit dem Kuraufenthalt Franz Kafkas in Meran vergangen. Meran feiert dieses Jubiläum mit einem Kafka-Jahr und verschiedenen Veranstaltungen wie Ausstellungen im Touriseum Schloss Trauttmansdorff und im Palais Mamming Museum, mit Stadtspaziergängen auf den Spuren des inzwischen weltberühmten Autors, mit Filmvorführungen, einer Tagung und vielem mehr. 


Zum Weiterlesen

  • Das Kafka Jahr 2020 in Meran: Informationen zu Franz Kafka und zu seinem Aufenthalt in Meran sowie das Programm aller Veranstaltungen findest Du auf der Website: kafka2020meran.it
  • „MenschenBilder“, ein Kunstprojekt an der Passerpromenade: Informationen zum Werk von Urs Lüthi (sowie zu allen anderen Kunstwerken) sowie zum Kunstprojekt „MenschenBilder“, das nach einer Idee von Arnold Mario Dall’Ò von Kunst Meran im Auftrag der Gemeinde Meran umgesetzt wurde, findest Du auf der Website von Kunst Meran: kunstmeranoarte.org

Abbildungsnachweis: Alle Fotos stammen von Johanna Bampi. Die historische Ansichtskarte aus dem Jahr 1911 befindet sich in Privatbesitz.


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