Wie aus dem Schloss Taurenstein das Rathaus von Brixen wurde

Das Rathaus von Brixen zieht wahrlich die Blicke auf sich. Die Fassade zum Domplatz ist aufwändig gestaltet: mit Erkern, einem Turm und Zinnen auf dem Dach. Fast wie im Mittelalter. Doch der Schein trügt.

Vom Bürgerhaus zum Schloss

Das heutige Rathaus von Brixen war ursprünglich ein einfaches Bürgerhaus. Es lag, wie andere auch, genau zwischen dem Domplatz und den Lauben und gehörte der Familie Oberhaidacher. Im Erdgeschoss führte die Familie eine Mehl- und Viktualienhandlung, die oberen Stockwerke waren bewohnt.

Im Jahr 1895 verkaufte die Familie das Haus an Hofrat Ferdinand Kaltenegger. Er ließ das Gebäude nach seinen Vorstellungen umbauen. So wurde aus dem schlichten Handelshaus Oberhaidacher das Schloss Taurenstein.

Gemalte Fanfarenbläser empfangen uns im Treppenhaus.

Ein Faible für das Mittelalter

Nicht nur an der Fassade zum Domplatz, nein, auch im Inneren des Hauses griff der Bauherr die Idee eines mittelalterlichen Schlosses auf. Besonders deutlich lässt sich das im Treppenhaus erkennen. Es erinnert an einen Burghof. Doch das alte Mauerwerk und die verwitterten Fensterläden sind gemalt, ebenso der rankende Efeu, der dem Ganzen einen idyllischen Charakter gibt. Die steilen und verwinkelten Treppen verstärken diesen Eindruck.

Auf und ab, die Treppen im Rathaus halten uns fit, wenn Kameramann Willi Rainer und ich während der Dreharbeiten verständlicherweise ab und zu auch auf den Aufzug ausweichen.

Die Malereien verwandeln das zentrale Treppenhaus in einen idyllischen Schlosshof.

Vom Schloss zum Rathaus

Nicht einmal zwanzig Jahre lang bewohnte Ferdinand Kaltenegger sein Schloss Taurenstein: Er starb im Mai 1911 im Alter von 68 Jahren. Seine Tochter Johanna Pejicic zeigte wenig Interesse an diesem Herzensprojekt ihres Vaters und verkaufte es bereits im November desselben Jahres an die Stadtgemeinde Brixen.

Das war ein absoluter Glücksfall! Das Gebäude befand sich in einem guten baulichen Zustand, und es bot genügend Platz für die wachsende Zahl an Gemeindeämtern und Angestellten. Vor dem Einzug wurden elektrisches Licht und ein Telefonanschluss installiert und das Gebäude an die Kanalisation angeschlossen. Möbel, Gemälde und Bilder wurden größtenteils übernommen. Deswegen hängen im Rathaus noch heute Porträts der Familie Kaltenegger.

In der Halle im zweiten Stock trifft zeitgenössische Kunst auf das 19. Jahrhundert.

Alte und neue Kunst

Hofrat Ferdinand Kaltenegger bewohnte den zweiten Stock des Gebäudes. Hier ließ er den Rittersaal – heute Ratssaal – sowie weitere Räume mit Wandmalereien von Raphael Thaler schmücken. Sie zeigen Szenen aus der Stadtgeschichte von Brixen.

Wir treffen im Rathaus jedoch auch auf eine große Zahl zeitgenössischer Kunstwerke, die die Gemeinde erworben hat und im neu renovierten Rathaus wunderbar zur Geltung kommen. Es gibt hier wahrlich viel zu sehen!

Zeitgenössische Kunst schmückt die Wände im zweiten Treppenhaus des Rathauses.

Was für eine Aussicht

In die Dachterrasse des Rathauses könnten wir uns glatt verlieben! Sie bietet einen einmaligen Rundumblick über die gesamte Stadt und wird für Veranstaltungen, Empfänge und Hochzeiten genutzt.

Der Blick auf den Weißen Turm von der Dachterrasse des Rathauses.

Historische Rathäuser: eine TV-Dokumentation für Rai Südtirol

Derzeit drehen wir – Willi Rainer, Benjamin Zwack und Johanna Bampi – eine zweite Folge über historische Rathäuser in Südtirol. Das Rathaus von Brixen, historisch und doch zeitgemäß, darf dabei natürlich nicht fehlen. Und wir sind begeistert von den spannenden Geschichten und sehenswerten Winkeln, die es zu bieten hat!

Malereien von Raphael Thaler schmücken die heutigen Büros im zweiten Stock.

Alle Fotos: Johanna Bampi


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