Wer sich in Innichen im Pustertal zu Fuß vom Bahnhof auf den Weg ins Ortszentrum macht, kommt an einem außergewöhnlichen Sakralbau vorbei – dem „Außerkirchl“. Das Kirchlein erinnert an prominente Bauten in Altötting und Jerusalem.
Wie ein Hauch von Altötting nach Innichen kam
„Außerkirchl“, wie der Bau im Volksmund heißt, bedeutet sinngemäß etwa das Kirchlein vor dem eigentlichen Ort. Dieser ungewöhnliche Sakralbau geht auf den Innichner Gastwirt Georg Paprion zurück. Er war ein frommer Mann, der von seinen Pilgerreisen zahlreiche Eindrücke in seinen Heimatort Innichen mitbrachte. Einige davon setzte er sogar baulich um. Beeindruckt vom Wallfahrtsort Altötting in Bayern, ließ Georg Paprion hier im Jahr 1633 eine Kapelle nach dem Vorbild dortigen Gnadenkapelle errichten.
Der Leidensweg von Jesus in ausdrucksstarken Figuren
Noch heute betritt man zunächst diesen älteren Teil des Baus und steht im Langhaus, der so genannten Leidenskapelle. Die eindrucksvollen Holzfiguren sind teilweise in bemalte Nischen gestellt und schildern in ungeschönter Weise den Leidensweg von Jesus. Er beginnt mit dem betenden Jesus am Ölberg, den schlafenden Aposteln und den von Judas herangeführten Soldaten. In den darüber liegenden Wandnischen sind die Dornenkrönung, die Geißelung und die Verurteilung zum Kreuzestod dargestellt, gefolgt vom kreuztragenden Jesus und seinem Tod am Kreuz. Die Figuren entstanden in der Werkstatt des Bildhauers Matthias Schranzhofer in Innichen.
Altötting in Miniatur
An die Leidenskapelle schließt sich ein polygonaler Rundbau mit Rundbogenfenstern und Mauernischen an. Der Altar mit einer bekleideten Marienfigur nach dem Vorbild der „schwarzen Madonna“ von Altötting wurde von Matthias Schranzhofer geschaffen. In den sechs bemalten Mauernischen erzählen Holzfiguren Szenen aus dem Leben Mariens: die Verkündigung durch den Erzengel Gabriel an Maria, die Heimsuchung mit dem Besuch von Maria bei Elisabet, die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten, den Abschied Jesu von seiner Mutter (vor der Passion), Maria und Johannes am leeren Grab, der Auferstandene erscheint Maria.
Inspiriert von Jerusalem: die Grabeskapelle
Georg Paprion begnügte sich nicht nur mit einer Wallfahrt nach Altötting. Er machte sich vor rund 400 Jahren sogar auf die beschwerliche Pilgerreise ins Heilige Land. Von dort brachte er den Wunsch nach einer kleinen Grabeskapelle mit, die er – nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem – nördlich an die bestehende Kapelle anbauen ließ.
Die Grabeskapelle ist ein heller Rundbau mit zweigeschossigen und begehbaren Arkaden, der von einer Kuppel mit einer aufgesetzten Laterne bekrönt wird. Inmitten der mit Malereien, Skulpturen und Stuckaturen reich geschmückten Kapelle steht das eigentliche Grab von Jesus, innen begehbar, außen bemalt mit Grabwächtern, oben geschmückt mit der triumphierenden Figur des Auferstandenen.
„Gehe herzu mit Christlicher Andacht, und / demüthigster Ehrnbiethigkeit zu dem H. / Grab, welches niemand ohne Heiligen / Schauder, und größter Herzens angst besehen / kann“, mahnt die Malerei links vom Eingang in das Grab.
Von der tiefen Frömmigkeit des Gastwirtes und der Menschen, welche die Kapelle besuchten, zeugen die alten und für den Ungeübten teils unleserlichen Besucherkritzel an den Außenwänden des Heiligen Grabes.
Kurzum: Ein wahres Kleinod gelebter Volksfrömmigkeit.
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