Südtirol ist ein bilderreiches Land. Dies trifft ganz besonders auf die Stadtgasse von Bruneck zu. Wer hier von einem Stadttor zum anderen bummelt, wird links und rechts von historischen Bürgerhäusern begleitet. Die Wandmalereien an den Fassaden wissen gar einiges zu erzählen!
Ein Bischof am Stadttor
Die Stadtgasse ist das Herzstück von Brunecks Altstadt. Sie erstreckt sich vom Oberen Tor (auch Ragentor oder Unterrainertor genannt) im Osten bis zum Ursulinentor im Westen. Bis ins 19. Jahrhundert nahm sie den gesamten Verkehr durch die Stadt auf, heute ist sie Fußgängerzone. Die Stadtgasse wird von zwei Häuserreihen flankiert und reicht, genauso wie die Burg Bruneck, in die Zeit um 1250 zurück. Die älteste urkundliche Erwähnung von Bruneck datiert ins Jahr 1256.
An den Gründer der Stadt, den Brixner Bischof Bruno von Kirchberg, erinnert die Malerei auf dem Oberen Tor. Sie zeigt den Bischof in seinem Ornat in einer Nische stehend. Zwei Putten reichen ihm das Modell der Burg Bruneck. Die gesamte Szene ist in eine Nische gestellt, die in barocker Manier von reich gestalteten Säulen und Giebeln umrahmt wird. Gemalt wurde das Bild im Jahr 1922 von Hans Weber.
Hingucker Ornamentfassade
Wesentlich älter ist die Fassadenbemalung des schmalen Stadthauses Nr. 23. Das dreidimensionale Ornamentmuser in rot, weiß und schwarz erstreckte sich ursprünglich wohl über die oberen drei Stockwerke. Ein echter Hingucker!
Zwischen den beiden Fenstern im ersten Stock hat sich eine reizende Darstellung von Adam und Eva erhalten, die – wohl einer Druckgrafik nachempfunden – in schwarz-weiß ausgeführt wurde.
Michael Pacher und Bruneck
In der Stadtgasse steht noch heute jenes Haus, das sich im 15. Jh. im Eigentum Michael Pachers befand und dem Maler und Bildhauer als Wohnung und Werkstatt diente. An der Fassade des ehemaligen Nachbarhauses (das heute zusammen mit dem Haus Michael Pachers zu einem Gebäude zusammengefasst ist und den Namen „Neuhauserhaus“ trägt) wurden die Reste von Wandmalereien aus der Renaissance freigelegt. Sie zeigen Fabelwesen, Spruchbänder und Rankenmalerei. Der noch zum Teil sichtbare schwarz-goldene Adler stammt von einer älteren, darunter liegenden Malschicht.
Ein Stück Kloster Neustift in Bruneck
In einem Gebäude am unteren Ende der Stadtgasse war lange Zeit die Stadtbibliothek von Bruneck untergebracht. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war dieses auffallend massige und niedere Haus Eigentum des Klosters Neustift. Darauf verweisen die gemalten Wappen an der Fassade, die allesamt einem Propst des Klosters zuzuordnen sind. Der Wappenstein über der Eingangstür stammt aus dem Jahr 1547. Er zeigt das Wappen des Propstes Hieronymus Piesendorfer und die Inschrift „Vivat Felix Novacella“.
Das Athesia-Haus
1967 bemalte Heiner Gschwendt (1914-2012) die Sichtbeton-Fassade des Athesia-Hauses. Das Geschäftshaus selbst wurde nach Plänen der Architekten Othmar Barth errichtet. Auch im Inneren schmücken Malereien von Gschwendt die Wände.
Fotos: Johanna Bampi.