Mühlbach: Wo die Grafen von Görz-Tirol ihre Macht demonstrierten

Wer ins Pustertal fährt, kommt an Mühlbach nicht vorbei. Der Ort liegt an einer ziemlich schmalen Stelle des Tales. Der historische Ortskern ist dicht bebaut. Auch die Häuser auf dem Sonnenhang Richtung Meransen schmiegen sich eng aneinander. Auffallend ist der städtische Charakter des Ortes, der von einem grün gedeckten Kirchturm überragt wird. Dies hat, wenig überraschend, mit der Geschichte von Mühlbach zu tun.

Ein Edelmann ohne Erben

Wir lassen die Geschichte von Mühlbach mit dem Jahr 1269 beginnen. Genau genommen ist der Ort jedoch älter. Darauf weisen frühere Nennungen von „Mulibah“ hin. Allerdings wissen wir nicht genau, wie dieses „Mulibah“ ausgesehen hat.

Ganz genau dokumentiert ist jedoch eine wichtige Handlung aus dem Jahr 1269. Damals übergab der kinderlose Friedrich von Rodank sowohl Schloss Rodenegg als auch die dazugehörende Herrschaft Rodeneck – und damit auch den kleinen Ort Mühlbach – an die Grafen Meinhard und Albert von Görz-Tirol. Doch er stellte Bedingungen: Die Grafen mussten sich verpflichten, hier einen befestigten Markt zu errichten. 

Noch heute bestimmen der grün gedeckte Kirchturm und der Ansitz Freienturm das Bild von Mühlbach.

Dieser Wunsch war gewiss auch im Sinne der beiden Grafen, denn sie setzten ihn sogleich um: Ein Ackerfeld nordöstlich der Kirche wurde zum Marktplatz umfunktioniert und durch eine neu erbaute Häuserzeile entsprechend abgeschlossen, am östlichen Ortsausgang ließ Meinhard einen Maierhof errichten. Zumindest an der Südseite des Ortes wurde eine Ringmauer erbaut, die sich bis heute weitgehend erhalten hat. Auch der Kern des späteren Ansitzes Freienturm, auf dem obigen Foto der massige Bau am Ortseingang, entstand vermutlich in dieser Zeit.

Bei einem dürfte der Ausbau von Mühlbach jedoch auf wenig Gegenliebe gestoßen sein: bei Bruno von Kirchberg, Fürstbischof von Brixen. Aus einer Urkunde von 1277 erschließt sich, dass dieser erst nachträglich und wohl eher widerwillig das Grundstück, auf dem der Mühlbacher Marktplatz errichtet worden war und das sich genaugenommen im Besitz der Kirche von Mühlbach befunden hatte, dem Grafen Meinhard von Görz-Tirol als Erblehen verlieh.

Auf der alten Landstraße von Mühlbach nach Schabs

Die alte Landstraße von Mühlbach nach Schabs

Die alte Landstraße von Mühlbach nach Schabs ist heute ein beliebter Spazierweg. Sie führt zunächst hinauf auf eine kleine Anhöhe mit der Stöcklvaterkapelle. Nach wenigen Metern markiert der Spingeser Bach die Grenze zwischen den Gemeinden Mühlbach und Schabs. Läuft der Weg auf Mühlbacher Seite inzwischen vorwiegend durch ein Wohngebiet und nur kurz durch einen bewaldeten Abschnitt, so liegt er auf Schabser Seite inmitten von Wiesen und gibt den Blick auf die Landschaft frei. Auf die Hänge von Rodeneck mit dem Hauptort Vill, der Pfarrkirche und der langgezogenen Burganlage von Schloss Rodenegg. Auf den Maurerberg und die Plose. 

Einmalig: der Blick auf Vill, Schloss Rodenegg, den Maurerberg und die Plose

Die Stöcklvaterkapelle

Einsam im Wald liegt am Wegesrand die Stöcklvaterkapelle. „Stöckl“ nennt man im Pustertaler Dialekt eine gemauerte Kapelle. Der „Stöcklvater“ ist eine barocke Holzskulptur, die den „Herrn im Elend“ darstellt: einen sitzenden Christus, geschunden von der Geißelung, mit Dornen gekrönt. Die Holzfigur ist rund eineinhalb Meter groß. Sie trägt eine Kette mit zwei Votivgaben in Form von Herzen um den Hals. Ein roter Mantel bedeckt ihre Schultern. Der Bildhauer Raphael Warat aus Brixen schuf im Jahre 1659 die Holzfigur, die zu einem beliebten Wallfahrtsbild wurde. 

Die Stöcklvaterkapelle liegt idyllisch im Wald.

Schon bald konnte das kleine „Stöckl“ die zahlreichen Gläubigen nicht mehr fassen. Auf Wunsch der Bürger von Mühlbach und mit deren finanziellen Mitteln wurde die Kapelle 1729 vergrößert. Außen schmücken den Bau Fresken aus dieser Zeit. Noch heute ist die Stöcklvaterkapelle das Ziel von Wallfahrern und lädt auch Spaziergänger zu einem Moment der Besinnung ein.


Zum Weiterlesen

Das Buch über die Marktgemeinde Mühlbach ist immer noch eine Fundgrube für alle, die mehr über die abwechslungsreiche Geschichte wissen wollen. Franz Heinz Hye (Hrsg.), Der alte Markt Mühlbach, Mühlbach 1979. Auf der Website der Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann kann man online darin blättern.


Fotos: Johanna Bampi


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