Kulturtourismusstudie 2018 erschienen

Das Institut für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und die projekt2508 GmbH haben kürzlich die umfangreiche „Kulturtourismusstudie 2018“ veröffentlicht. Auf der Grundlage empirischer Untersuchungen wurden erstmals Kulturmanager wie Touristiker in ihrer je eigenen Arbeits- und Herangehensweise analysiert. Ziel der Studie ist es daher auch, die gegenseitige Vernetzung zu fördern und Qualifizierungs- wie Professionalisierungsbedarf anzuzeigen. Zugleich ist die Studie „erstmalig für den deutschsprachigen Raum eine umfassende Bestandsaufnahme des Phänomens Kulturtourismus“.

Die Studie umfasst 127 Seiten und gliedert sich in sechs einzelne Themenblöcke. Befragt wurden Kultureinrichtungen und kommunale Kulturverwaltungen, ebenso wie Tourismusorganisationen – die Fragebögen selbst sind in einem Anhang beigefügt.

Auffallend: Die Macherinnen und Macher der Studie formulieren bereits auf den ersten Seite sehr pointierte Thesen zum Kulturtourismus (sie werden ab S. 80 kommentiert), versäumen es aber, eine eigene Definition von Kulturtourismus zu liefern. Blickt man vergleichend in das 2017 bei transcript erschienene Buch „Kulturtourismus für alle? – Neue Strategien für einen Wachstumsmarkt“ (an dem mit Dr. Yvonne Pröbstle auch eine der Studienautorinnen mitgewirkt hat), so bekommt man den Eindruck, dass offensichtlich ein (allzu?) weiter Kulturtourismusbegriff vertreten wird. Ob der „Megatrend Eventkreuzfahrt“ mit der „Full Metal Cruise“ (Kulturtourismus, S. 187ff.) wirklich zum kulturtouristischen Kern gezählt werden muss, darf in meinen Augen getrost bezweifelt werden.

Ohne die Untersuchung über Gebühr kritisieren zu wollen, doch ähnlich widersprüchlich: Einerseits sieht die Studie einen Mangel „an strategischer Ausrichtung“, ein Mehr an „Qualifizierung und Professionalisierung“ wird ebenso gefordert (S. 20) wie „digitaler Nachholfbedarf“ (S. 37) attestiert wird. Andererseits räumt die Studie selbst ein, dass in den kulturellen Einrichtungen „wenige Mitarbeiter(n) und ehrenamtliche(r) Führung dominieren“ (S. 28), zumeist bei bekannt knapper Kasse. Wie unter diesen Vorzeichen professionell(er) agiert werden soll, beantworten die Studienherausgeber leider nicht.

Interessant aus spezifisch Südtiroler Sicht dürften die Ausführungen der Studie sicherlich zum Stellenwert des Kulturtourismus innerhalb der Tourismusorganisationen sein – nach mehreren Um-, Neu- und Restrukturierungen im Zuschnitt von SMG/IDM Südtirol. Folgt man den durchaus nachvollziehbaren Erkenntnissen der Studie, so dominiert in Deutschland v.a. das Kulturerbe die touristische Vermarktung. Südtirol wählt in seiner Vermarktung auf suedtirol.info dagegen ein anderen Ansatz – und „verschweigt“ das kulturgeschichtliche Potenzial zunächst gänzlich – oder bewirbt es zumindest nicht ausdrücklich. Die Rubrik „Das ist Südtirol im Überblick“ spricht ausschließlich von den Menschen (u.a. „Bäuerliche Welt“, gefolgt von „Live like a local“, aber auch „Musikkapellen in Tracht“ u.ä.), von Produkten und von der Landschaft.

Der Ausblick der Studie auf die „Zukunft des Kulturtourismus“ hat es indes in sich, gerade auch für die Tourismusorganisationen. Gefordert werden (zu Recht!) mehr und zusätzliche Weiterbildungsmöglichkeiten, koordinierende und steuernde Aktivitäten und eine „zeitgemäßn touristische Infrastruktur“. Das heißt auch: So manche Personalstelle in der Tourismusverwaltung (ob vor Ort oder regionenübergreifend) wird sich zukünftig einen völlig neuen Zuschnitt verpassen müssen. Gefragt sind hochqualifizierte Experten, die mit kulturellen und geschichtlichen Themen agieren und Beteiligte koordinieren können, wo man eben noch sein Heil im Verteilen von Broschüren, im Veranstalten von (zuweilen wenig nachhaltigen) Events und im Veröffentlichen recht beliebiger Instagramfotos sucht.

Welche Tourismusorganisation ist hierzulande auf diese Art der Kulturvermittlung vorbereitet? Oder zieht der „Megatrend Kulturtourismus“ gerade recht spurlos an Südtirol vorbei?

Unter www.kulturtourismusstudie.de kann die Studie und ihre Ergebnisse in voller Länge abgerufen werden.

Benjamin Zwack, 12.08.2018